Pierce Brosnans letzter Auftritt als ikonischer Spion James Bond war kaum mehr als eine Lachnummer. 12 Jahre nach „Die Another Day“ bekommt der Ire mit „The November Man“ eine neue Chance, seine Ehre als Spion wiederherzustellen. Sein CIA-Agent Devereaux ist eigentlich schon vor Jahren aus dem Geheimdienst ausgeschieden, doch wie die reißerische und generische Zeile des Plakats vorherschickt, „a spy is never out of the game“.
Eine Agentin, die die politischen Reihen der Russen infiltriert hat, bietet brisante Informationen an. Angeblich brisant genug, um einen potentiellen Kandidaten für die russische Präsidentschaft aus dem Rennen zu schicken. Devereaux wird beordert, die Ex-Kollegin und die begehrten Daten in Sicherheit zu bringen. Dabei trifft er unter anderem auf seinen ehemaligen Schützling Mason (Luke Bracey) und gerät in dessen Visier.
„The November Man“ ist ein Agenten-Thriller wie er im Buche steht und entsprechend gefühlte 30 Mal pro Jahr produziert wird. Es geht um korrupte Kollegen, korrupte Vorgesetzte und (natürlich ebenfalls korrupte) hochrangige Politiker. In den Mix werden natürlich auch Auftragskiller, heikle USB-Sticks, flüchtige Liebschaften und vorhersehbare Twists gepackt, bis der Arzt kommt. Das ist natürlich nicht besonders frisch oder neu, aber auch kein Weltuntergang.
Der Weltuntergang wird vom Drehbuch herbeigeführt. Nicht von den zahlreichen kleinen oder großen Logiklöchern, sondern von der kaum vorhandenen und gründlich inkonsequenten Charakterisierung. Devereaux wird zunächst als abgebrühter und eiskalter Ex-Agent vorgestellt. In seiner Konfrontation mit Mason, einem jungen und ambitionierten Agenten, funkt dabei gelegentlich sogar die eine oder andere interessante Idee in Form von moralischen Denkzetteln auf. Zum Ende des Films lösen sich diese Ansätze dank einer mäßig interessanten Offenbarung über Devereaux‘ Charakter in Wohlgefallen auf. Zu diesem Zeitpunkt ist das aber sowieso egal, denn der Film scheitert auf Charakterebene gründlich.
Eine Kritik, der sich ironischerweise viele (vor allem alte) Bond-Filme stellen müssen, ist die latente Frauenfeindlichkeit. Darüber muss sich „The November Man“ keine Gedanken machen, denn der Sexismus ist hier nicht latent, sondern mitten im Gesicht des Zuschauers. Die weiblichen Figuren des Films, die allesamt selbstverständlich ungemein attraktiv sind, bestehen ausnahmslos aus Opfern. Sei es als Spielzeug der sexuellen Begierde, als Druckmittel oder als konsequenzfreies, unfähiges Mitglied der CIA, der Film „überzeugt“ mit einer allgegenwärtigen Frauenfeindlichkeit.
Natürlich kann man von einem durchschnittlichen Agentenfilm nicht erwarten, dass er ein feinsinniges Bild des weiblichen Geschlechts zeichnet, aber was in „The November Man“ abgeht, ist schon peinlich. Glanzbeispiel ist eine Agentin, die zum Schluss des Films nur noch mit „Tits“ angesprochen wird.
Auf der Habenseite hat der Film die eine oder andere aufregend inszenierte Action-Sequenz, die sogar über ein ungewöhnliches Maß an Brutalität verfügt. Auch Pierce Brosnan macht noch immer eine gute Figur als schießwütiger Agent, auch wenn seine Fähigkeiten als Schauspieler hier definitiv nicht gefragt oder genutzt sind. „The November Man“ ist leider ein komplett austauschbarer Agenten-Thriller, der von einem hanebüchenen Drehbuch und dem brutalen Sexismus weit unter den Durchschnitt gerissen wird.
2/10
The November Man
Action, Thriller
Regie: Roger Donaldson
Buch: Michael Finch, Karl Gajdusek (Drehbuch), Bill Granger (Buchvorlage)
Darsteller: Pierce Brosnan, Olga Kurylenko, Eliza Taylor, Luke Bracey, Will Patton
Kinostart DE: ??.??.???? (deutschlandweite Screenings im August/September auf dem Fantasy Filmfest)
Kinostart US: 27.08.2014
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