Der sympathische Anwalt Pierre (François Cluzet) lebt ein rundes Leben, er ist seit vielen Jahren glücklich verheiratet, hat zwei Kinder und kann sich weder über seine Karriere noch über sein intaktes Familienleben beschweren. Der Status Quo wird auf den Kopf gestellt, als sein Weg sich auf einer Buchpremiere mit dem der Schriftstellerin Elsa (Sophie Marceau) kreuzt. Der unmittelbare und kräftige Funke, der zwischen ihnen auftaucht, wird jedoch schnell auf Eis gelegt, denn für die alleinerziehende Elsa sind verheiratete Männer genau so undenkbar wie für Pierre die Untreue. Einige Wochen später treffen sie wieder aufeinander und erneut knistert es ganz gewaltig. Dieses Mal werden sowohl Pierre als auch Elsa von der gegenseitigen Anziehungskraft überwältigt und in den beiden entsteht ein Strudel aus Liebe, Verantwortungsbewusstsein und den eigenen Moralvorstellungen.
Im Gegensatz zu den meisten anderen cineastischen Darbietungen, die um Themen wie Liebe und Begehren rotieren, zeigt „Ein Augenblick Liebe“, dass die sprichwörtlichen Schmetterlinge auch in Bäuchen über 40 noch ihr Unwesen treiben können. Dies ruft selbstverständlich einen komplett anderen Katalog an Bedenken auf den Plan. Ihr Dilemma betrifft nicht nur sie selbst, sondern ihre Kinder, ihre Karrieren und im Fall von Pierre auch eine Ehefrau, die es keinesfalls verdient, hintergangen zu werden. Doch sowohl das Alter der beiden Protagonisten als auch ihre moralischen Zerreißproben geraten schnell in den Hintergrund, sobald sie sich gegenseitig entfacht haben. Ihre Liebe wirkt wie eine gegenseitige Verjüngungskur, was sich nicht nur im schüchternen und übermäßig niedlichen Verhalten der beiden niederschlägt, sondern auch in der kompletten filmischen Gestaltung. Die sehr verspielte und leichtfüßige Inszenierung unterstützt die romantische Entwicklung der Protagonisten zwar und sorgt für ein kurzweiliges Filmerlebnis, führt allerdings auch dazu, dass die Form des Films sich mit seinem Inhalt beißt und das Gesamtwerk stellenweise inkonsequent wirkt.
Ungeachtet des zuweilen starken Kontrasts zwischen Thematik und Inszenierung zeigt Regisseurin und Drehbuchautorin Lisa Azuelos, dass die französischen Filmemacher ihr Handwerk verstehen, wenn es um das Genre der Romanze geht. Die Chemie zwischen ihren beiden Hauptdarstellern ist vom ersten Moment an genau so präsent und echt wie die ihrer Charaktere. Ihre Zuneigung zueinander bleibt zunächst frei von körperlichen Gelüsten und die Beziehung zwischen Pierre und Elsa wird auf einem Fundament von zwei Menschen konstruiert, die sich auf einer unausgesprochenen und unterbewussten Ebene gegenseitig berühren. Obwohl der Fokus unmissverständlich auf dem Paar und ihrem Kampf um die verbotene Frucht liegt, verliert der Film auch seine wichtigen Nebenfiguren nicht aus den Augen. Die Regisseurin agiert auch vor der Kamera und bildet als Pierres Ehefrau und Mutter seiner Kinder das nötige Gegengewicht, um den Protagonisten zwischen die Fronten des ersten und zweiten Frühlings zu stellen.
Schließlich triumphiert die bezaubernde Leinwandchemie von François Cluzet und Sophie Marceau über die fragwürdige Balance zwischen jovial-fröhlicher Inszenierung und dramatischem Sujet. Lisa Azuelos fängt das Phänomen der Liebe in einem liebenswürdigen und sympathischen Film ein, der als reinrassige Romanze vielleicht nicht für das Gehirn, ganz sicher aber für das Herz geeignet ist und vor allem die Generation seiner Protagonisten gehörig becircen dürfte.
7/10
Ein Augenblick Liebe
Romanze, Komödie
Regie: Lisa Azuelos
Buch: Lisa Azuelos
Darsteller: François Cluzet, Sophie Marceau, Lisa Azuelos,
Kinostart DE: 07.08.2014
Kinostart US: ??.??.????