Frank (Joel Murray) hat die Schnauze bis zur Oberkante voll. Sein Job ist monoton und seelenzerschmetternd, seine Kollegen eine nervliche Zumutung und seine Nachbarn eine Qual. Die Tochter, die er kaum noch sieht, entwickelt sich unter den Fittichen seiner unausstehlichen Ex-Frau zu einem verzogenen Gör. Am Schlimmsten jedoch trifft ihn das, was aus der amerikanischen Gesellschaft in den letzten Jahren geworden ist. Ein widerlicher Haufen unzivilisierter Affen, die sich ausschließlich von Belang- und Rücksichtslosigkeit sowie Reality-TV-Shows ernähren. Der letzte Tropfen fällt dann schließlich als sein Arzt Frank berichtet, dass er terminal krank ist. Einsam und deprimiert sitzt er des nachts auf seinem Sofa, beschallt von der neuesten „American Idol“-Folge und denkt darüber nach, sich das Leben zu nehmen. Doch kurz bevor er den Abzug drückt kommt ihm die rettende und weitaus vernünftigere Idee, vorher noch ein paar der hoffnungslosesten Elemente seiner verrotteten Umgebung permanent zu entfernen.
Früh auf seinem Rache/Justiz-Feldzug stößt Frank auf die Teenagerin Roxy (Tara Lynne Barr), die seine Abscheu teilt und sich ihm kurzerhand anschließt. Zusammen machen die Beiden es sich zum Ziel, die verdorbene Gesellschaft der USA wachzurütteln. Und wie könnte man das besser erledigen als durch viele viele Morde?
Als professioneller Zyniker fühlt man sich in God Bless America direkt wie zuhause. Die konstante Verdummung der Fremdscham induzierenden Medien und die Belanglosigkeit, die einen viel zu großen Teil des menschlichen Miteinanders ausmacht trifft der Film perfekt, wenn auch stellenweise etwas überzogen. Nicht selten habe ich mich während der Sichtung dabei erwischt, unbewusst mit dem Kopf zu nicken.
Was bleibt einem auch Anderes übrig, auf einem Planeten auf dem so etwas wie auf dem oberen Bild passiert. Franks Mono- und Dialoge bringen viele der Gedanken die ich mir des Öfteren mache erschreckend gut auf den Punkt. Vor allem während der Szene in der Frank und Roxy kackdreist versuchen, sich im Kino einen Film anzusehen, konnte ich ein leises Jubeln nur schwer unterdrücken.
Das Ganze hat natürlich einen Haken. Die Charaktere die einem zu Anfang des Films direkt aus der Seele sprechen verbringen die übrigen zwei Drittel damit, rücksichtslos Menschen über den Haufen zu ballern oder sonstwie um die Ecke zu bringen. Trotz der Sympathie die wir vom Napalm-Duo für das Aufzeigen der verirrten Spaßgesellschaft haben verfüge ich noch über genügend mentale Restgesundheit um festzustellen, dass die Schlussfolgerungen und Handlungen unseres Protagonisten hier nicht ganz in Ordnung sind.
God Bless America steht sich selber im Weg. Seine interessante und vor allem realistische Prämisse verblasst über die Laufzeit zunehmend und der Film tritt schließlich auf der Stelle, anstatt seinen Protagonisten oder der „society sucks“-Thematik tiefere Ebenen zu verleihen. Auch dem Drehbuch geht etwas die Luft aus, nachdem Frank und Roxy ihre Hasstiraden auf Medien und Mitmenschen abgefeuert haben.
Trotz seiner Schwächen ist God Bless America ein lohnenswerter Film. Er zeigt mit einem großen, mutigen und unmissverständlichen Finger auf unsere Gesellschaft und weist auf einige der gravierendsten Rückschritte hin, die wir als „moderne“ Zivilisation in den letzten Jahren und Jahrzehnten gemacht haben.
Und viel Spaß kann man mit Franks und Roxys groteskem Rachefeldzug zu allem Überfluss auch noch haben, vorausgesetzt man gibt sein Gewissen an der Tür ab.
7/10
Trailer poste ich nicht, weil er 80% der spaßigsten Szenen spoilert.
Ich hasse Trailer..
God Bless America
Action, Komödie
Regie: Bobcat Goldthwait
Buch: Bobcat Goldthwait
Darsteller: Joel Murray, Tara Lynne Barr, Mackenzie Brooke Smith
Kinostart DE: Einen deutschen Kinostart hat der Film außerhalb vom Fantasy Filmfest nicht genossen. Seit einigen Monaten existiert eine deutsche DVD/Blu-Ray-Veröffentlichung, die aus unerklärlichen Gründen ohne Schnitte ab 16 freigegeben wurde.
Kinostart US: 11.05.2012 (limited release)