Nach „Nightcrawler“ zeigt sich Jake Gyllenhaal als das diametrale Gegenteil seiner Rolle als drahtiger Psychopath Louis Bloom. In „Southpaw“ spielt er den muskelbepackten Box-Weltmeister Billy Hope. Dabei überrascht nicht seine Performance, sondern das Drehbuch.
Top to Bottom
Billy Hope (Jake Gyllenhaal) ist der ungeschlagene Weltmeister im Leichtschwergewicht des Boxens. Seine Kämpfe sind wahre Schlachten, Defensive spielt da keine große Rolle. Seiner fürsorglichen Frau Maureen (Rachel McAdams), die alles für die Familie regelt und quasi das Gehirn hinter den Muskeln darstellt, ist dieser Kampfstil aufgrund des fortgeschrittenen Alters ihres Ehemanns ein Dorn im Auge. Jetzt möchte aber der junge Widersacher Miguel Escobar (Miguel Gomez), ebenfalls Weltmeister im Leichtschwergewicht, die Titelvereinigung haben.
Ich versuche das jetzt so spoilerfrei zu machen, wie nur möglich: Eine falsche Entscheidung kostet Billy nicht nur seinen Titel. Mit dem kauzigen Trainer Tick Willis (Forest Whitaker) versucht Billy sein Leben und seine Karriere wieder geradezurücken.
Überraschung oder Ein Trailer, der den Film zerstört
Eines vorweg: Guckt euch keinen Trailer zum Film an! Denn nicht nur jedes überraschende Element, sondern der gesamte Plot von „Southpaw“ wird dort in knapp zweieinhalb Minuten abgehandelt – bis auf das Ende. Damit kann man sich den Film beinahe schon schenken.
Ich schreibe bewusst beinahe, da der Film einfach auch sehr gut ist. Gyllenhaal („Nightcrawler“) zeigt wie so oft eine phantastische Leistung, gleiches gilt für Forest Whitaker („Der letzte König von Schottland“) und die junge Oona Laurence als Billys Tochter Leila. Letztere ist besonders hervorzuheben: Viele Filme mit Kinderdarstellern in Hauptrollen haben das Problem, dass diese nicht wirklich schauspielerisch überzeugen können. In diesem Fall ist jedoch zu sehen, dass die junge Schauspielerin gut spielt und auch exzellent von Regisseur Antoine Fuqua („Training Day“) geleitet wird.
Wenn man den Trailern und sonstigen Spoilern aus dem Weg gehen konnte, bietet „Southpaw“ einige nette Twists. Ohne Hintergrundinformationen erscheint der Film nach etwa zehn Minuten wie eine moderne Version von „Rocky 3“, in dem Hope nach einiger Zeit das „Auge des Tigers“ für sich entdecken muss. Doch tatsächlich handelt es sich hierbei um ein astreines Drama mit vielen zwischenmenschlichen Momenten und Nuancen. Der Boxsport steht dabei erstmal im Hintergrund und dient viel mehr als das Transportmittel des Films. Deswegen sind auch typische Stilelemente eines Sportdramas enthalten: Der Hauptcharakter erlebt den Aufstieg und den Fall und erfindet sich im Endeffekt neu. Die allseits beliebte Filmmontage ist auch vertreten.
Alles in allem ein sehr guter Film, der überrascht und neben guten schauspielerischen Leistungen auch mit einer spannenden sowie einnehmenden Story aufwartet. Vermutlich ist „Southpaw“ das beste Sportdrama seit „Warrior“. Einzig die Kampfszenen kommen in puncto Inszenierung nicht ganz an den Film mit Tom Hardy, Joel Edgerton und Nick Nolte heran, auch weil hierauf ein geringerer Fokus liegt.
8/10
Zur Blu-Ray:
Pünktlich vor dem Heimkino-Start von „Southpaw“ ist ein Pressemuster von Tobis Film in den Briefkasten des Napalm-Duos geflattert. Im Nachfolgenden gebe ich mein Urteil über die Blu-Ray, die wie auch die DVD am 8. Januar 2016 im deutschen Handel erscheint.
Das Bild:
Der Film wird im Letterbox-Format 16:9 (2,40:1) und in 1080p-Full-HD ausgegeben. Das Bild ist sehr gut ausbalanciert und auch in den hektischeren Kampfszenen stets angenehm für das Auge. Hier passt alles.
Der Ton:
Der englische Original-Ton und die deutsche Synchro-Spur sind im DTS-HD Master Audio 5.1-Surround vorhanden. Wer Probleme hat das Boxer-Genuschel von Gyllenhaal zu verstehen, kann sich deutsche Untertitel dazuschalten. Für Hörgeschädigte ist zudem eine englische Untertitelung vorhanden.
Die Extras:
Die Blu-Ray von Southpaw ist pickepackevoll mit Bonusmaterial. Als Speerspitze dienen eine Menge interessante Szenen, die es nicht in den finalen Film geschafft haben (Deleted Scenes). Vor allem eine Dialogszene mit Gyllenhaal und Naomi Harris bietet einiges an Inhalt. Dazu gibt es ein Making-of auf Deutsch und fünf Featurettes. Das englische Behind-the-Scenes „Inside the Ring“ dauert knapp 20 Minuten und ist in der Summe ein längeres Making-of. Leider ist dieses nur in der Steelbook-Version dabei. Außerdem sind Interviews mit den Darstellern, eine Fotogalerie, die (schlimmen) Trailer, B-Roll-Material, eine ausgedehnte Trainings-Montage und Eindrücke von der Deutschland-Premiere in Berlin in Extras vertreten. Die letzten beiden Boni sind wieder Steelbook-exklusiv. Alles in allem enthält die Blu-Ray 95 Minuten Extramaterial, das Steelbook legt mit 115 Minuten und einem 16-seitigem Booklet noch mal einen drauf. Blu-Ray und DVD haben jeweils ein Wendecover, das Steelbook hat einen ablösbaren FSK-Sticker.
Das Fazit:
Alles in allem kann ich mich nur für die Blu-Ray aussprechen. Für ein Standard-Release ist wirkliche eine Menge vorhanden, was man nicht zu jeder Blu-Ray sagen kann. Die Steelbook-Version kostet zwar ein paar Euro mehr, dafür sind aber etwa 20 Minuten mehr Bonusmaterial und das bereits angesprochene Booklet dabei. Insgesamt also beide Daumen hoch für „Southpaw“ im Filmregal – die Blu-Ray kann mit dem Film mithalten.
Southpaw (2015)
Drama, Boxfilm, Nicht-Rocky-3
Regie: Antoine Fuqua
Buch: Kurt Sutter
Darsteller: Jake Gyllenhaal, Rachel McAdams, Oona Laurence, Forest Whitaker, 50 Cent (Curtis Jackson), Naomi Harris
Kinostart DE: 20.08.2015
Kinostart US: 24.07.2015
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