Wieder blüht der Herbst und wieder findet sich die Auslese des weltweiten Kinos im schönen Hamburg ein, um die Hanseaten zu verzaubern. Die 23. Ausgabe des Filmfest Hamburg besticht mit einer Auswahl von 172 Filmen aus 52 Ländern. In diesem Jahr kommt das Programm des Festivals besonders stark daher und zeigt einige der besten Filme des Jahres. Selbstverständlich ist das Napalm-Duo erneut vor Ort und berichtet. Bevor wir uns in zehn Tagen Filmrausch verlieren, versorgen wir euch mit einer Übersicht über die Highlights des prall gefüllten Katalogs.
Was? Wo? Wie?
Für geübte Besucher des Filmfest Hamburg ändert sich in der neuen Ausgabe nur wenig. Nach wie vor erstreckt sich das Festival über sechs Kinos in der Hamburger Innenstadt. Die Spielstätten haben sich im Vergleich zum letzten Jahr nicht verändert und bestehen nach wie vor aus dem Programmkino-Dino Abaton, dem CinemaxX-Multiplex am Dammtor, dem Metropolis an der Oper, der Passage in der Mönckebergstraße und den beiden Kiez-Kinos Studio und B-Movie.
Karten sind wie üblich an den Kinokassen und bei der zentralen Vorverkaufsstelle im Levantehaus zu erwerben. Eine genaue Übersicht über Preise und Ermäßigungen ist auf der Seite des Filmfests zu finden.
Abgerundet wird das Filmprogramm erneut von einigen Rahmenveranstaltungen, die sich im Festivalzentrum am Allende-Platz, dem Rolf-Liebermann-Studio und dem Nochtspeicher abspielen.
Und was soll ich mir ansehen?
Die 172 gezeigten Filme sind wie gewohnt in 12 Sektionen angeordnet. Dazu gehören unter anderem die Sektion Vitrina, die das spanische Kino abdeckt. Frankophones Leinwandgeschehen wird im Rahmen von Voilà gezeigt. Aktuelles Filmschaffen aus den USA und dem englischen Kanada gibt es in Transatlantik zu sehen. Weitere Sektionen spezialisieren sich auf politische Filme, deutsche TV-Filme, europäische Ko-Produktionen und einen Länderfokus, der in diesem Jahr auf Israel liegt. Die Sektionen und ihr Umfang werden hier vorgestellt.
Die beiden Großen
Im Vorfeld hatten wir das Glück, zwei der Filme des Programms in Augenschein zu nehmen. Sowohl Macbeth als auch Das brandneue Testament haben eine 10 auf der Napalm-Skala erreicht und sind Pflichtprogramm für interessierte Cineasten. Ersterer ist eine visuell und aural beeindruckende Neuauflage von Shakespeares legendärer Geschichte, in der Michael Fassbender und Marion Cotillard womöglich die Leistungen ihres Lebens abliefern.
Jaco van Dormaels jüngste Bemühung wurde ausgewählt, um das Festival am 1. Oktober zu eröffnen. Und das nicht durch Zufall. Seine Auseinandersetzung mit einem kontemporären Gott und dessen trotziger Tochter ist ein wundervoller Film, der nicht nur zum herzhaften Lachen, sondern auch zum Nachdenken anregt.
Und sonst?
Im weltweiten und deutschen Festivalkalender nimmt Hamburg eine späte Position ein. Knapp zehn Monate nach der Berlinale und drei Monate nach München bildet das Filmfest Hamburg das Schlusslicht der großen deutschen Filmfestivals. Dies ist keinesfalls eine Schwäche, im Gegenteil. Hamburg präsentiert die Auslese des Festivalzyklus 2015 und darf die deutschen Premieren vieler hochgelobter und interessanter Filme ausrichten. Aus dem Wettbewerb von Cannes gibt es mit „The Lobster“ den Nachfolger des „Dogtooth“-Regisseurs Yorgos Lanthimos zu sehen. Eine absurde, komische Liebesgeschichte, die sich in einer dystopischen Zukunft abspielt und eine Menge an kritischen Beobachtungen über die Themen Liebe, Zweisamkeit und Gesellschaft im Gepäck hat.
Ebenfalls in Cannes lief der neue Film des Chinesen Hou Hsiao-Hsien „The Assassin“ („Nie yin niang“). Als Basis des historischen Dramas fungiert eine Kurzgeschichte, die bis in die Tang-Dynastie zurückreicht. Das Epos lockt mit meisterhafter Kinematographie und dem ausgezeichneten Ruf des chinesischen Regisseurs.
Den Ritterschlag in Form einer Goldenen Palme erhielt in diesem Jahr „Dheepan“, ein Film über einen indischen Flüchtling, der in Frankreich Fuß fasst. Jacques Audiard vermischt in seinem neuen Œuvre Drama- und Thriller-Elemente und setzt sich mit den zahlreichen Problemen der Zuwanderer auseinander. Die Goldene Palme mag für den etwas unübersichtlich strukturierten Film etwas viel sein, trotzdem besitzt er genug Brisanz, Konflikt und Relevanz, um empfehlenswert zu sein.
Vor einigen Jahren erfuhr das Napalm-Duo, ebenfalls im Rahmen des Filmfest Hamburg, einen saftigen Schlag in die Magengrube. Mit dem so rätselhaften wie faszinierenden „Borgman“ lieferte der Holländer Alex van Warmerdam ein Filmerlebnis, was auch Jahre später noch präsent ist. Natürlich freuen wir uns entsprechend auf „Schneider vs. Bax“. In Warmerdams neuem Projekt verfolgen wir einen Auftragskiller, der sich eigentlich einen Tag Urlaub gönnen will, um seinen Geburtstag angemessen zu feiern. Leider muss er trotzdem ran und sich dem Schriftsteller Ramon Bax (Warmerdam höchstpersönlich) anzunehmen.
Von den Philippinen hat „Violator“ den weiten Weg nach Hamburg auf sich genommen. Es geht um einen nahenden Wirbelsturm, der die Bewohner der Hauptstadt Manila auf den Kopf stellt. Aus zahlreichen Horrorfilmen, sowohl philippinisch als auch amerikanisch, schnitzt Regisseur Dodo Dayao einen düsteren Genrefilm, den wir uns nicht entgehen lassen.
Jason Segel ist der allgemeinen Bevölkerung spätestens als Marshall in „How I Met Your Mother“ aufgefallen. Zusammen mit Jesse Eisenberg geht er in „The End of the Tour“ einen weiteren Schritt ins dramatische Fach. Als der jung gestorbene amerikanische Schriftsteller David Foster Wallace stellt Segel eine PR-Tour nach, die direkt auf die Veröffentlichung seines bekanntesten Stücks „Infinite Jest“ folgte.
Das argentinische Kino hat sich in den vergangenen Jahren als Macht etabliert, die man auf dem Radar haben sollte. Zuletzt fegte der Publikumsliebling „Wild Tales“ über die deutschen Leinwände und sorgte für fiese Lachkrämpfe. Teile des Teams hinter „Wild Tales“ haben sich erneut zusammengefunden und einen weniger heiteren Film auf die Beine gestellt. In „Der Clan“ geht es um einen außergewöhnlichen Familienbetrieb, der sich auf die Entführung von reichen Opfern spezialisiert. Basierend auf einer wahren Geschichte, die Argentinien in Angst und Schrecken versetzte, und mit einem brillant gecasteten Monster im Zentrum ist „Der Clan“ ein ungeheuer spannender Thriller, den wir bedenkenlos empfehlen.
Science-Fiction ist ein breites Genre, das von trockener, philosophisch angehauchter Kost bis hin zu fulminanten Weltall-Schießereien reicht. Der französisch-belgische „Cosmodrama“ verzichtet auf unnötiges Geballer und beschränkt sich auf eine gedächtnisbefreite Crew, die mit ungewissem Ziel durchs All reist. Die Zeit vertreiben sie sich mit Diskussionen über Gott, die Welt und alles andere. Nebenbei soll „Cosmodrama“ eine „spezielle Komik“ versprühen, die ihn doppelt interessant macht.
Uff..
Nicht wahr? All das ist nur ein Bruchteil des vielfältigen Programms, das das Filmfest Hamburg in diesem Jahr über die hanseatischen Leinwände schickt. Das komplette Programm wird in digitaler Form hier präsentiert und wartet darauf, von neugierigen Festivalgästen erkundet zu werden. Natürlich werden wir im Laufe der zehn Tage unsere Eindrücke teilen und weitere Empfehlungen (und Warnungen) aussprechen.
Bis dahin wünscht das Napalm-Duo viel Spaß auf dem Filmfest Hamburg und ein gutes Programm!