Raymond (Matthew Gray Gubler) baut seine Zelte in der großen Stadt frustriert ab und zieht wenig begeistert in seine Heimatstadt und zu seinen Eltern (Ray Wise, Barbara Niven) zurück. Dort angekommen wird der ehemals stark übergewichtige und depressive Junge mit zahlreichen Altlasten konfrontiert. Eine Clique aus ehemaligen Mitschülern will ihm die längst überfällige Tracht Prügel erteilen und die paranormalen Visionen, die ihn als Kind gequält und seither Ruhe gegeben haben, sind wieder allgegenwärtig.
Doch nicht alles ist schlecht, zu seinen alten Bekanntschaften zählt auch Becca (Kat Dennings) die ebenfalls viel Gewicht verloren hat und sich zu einer hocherotischen Sexbombe entwickelt hat. Zusammen mit Becca versucht Raymond, die längst überfällige Rebellion gegen seinen rassistischen, homophoben Vater durchzusetzen und nebenbei herauszufinden, was der rastlose Geist eines Mädchens, der ihn neuerdings verfolgt, möchte.
Vor zwei Jahren brachte der Amerikaner Richard Bates Jr. mit seinem Debüt „Excision“ einen Geheimtip des Genres hervor. Seine Story über eine schwer gestörte Teenagerin, die ihren Traumberuf als Chirurgin zum unsäglichen Hobby macht, ist einer der originelleren Horrorfilme der letzten Jahre und eine kuriose Mischung aus verstörendem Horror, Dramatik und einem Spritzer Komik.
„Suburban Gothic“, seine zweite Darbietung als Autor und Regisseur, ist ein komplett anderes Biest. Mit einer Explosion aus satten Farben und einem vollmundigen visuellen Stil bildet er die Geschichte des exzentrischen Raymond ab, der in seinem Umfeld wie ein bunter Hund wirkt. Der Schwerpunkt liegt dieses Mal ohne Zweifel auf Komik. Klarer Stern des Films ist Hauptdarsteller Matthew Gray Gubler, der die Zeilen des rotzigen Post-Teenagers Raymond zu Gold macht. Fast jeder seiner Dialoge ist von einem hohen Maß an Sarkasmus bestimmt, was vor allem in Diskussionen mit seinem Arschloch von einem Vater sehr viel Spaß macht.
Auch neben dem Protagonisten wird der Film von skurrilen Charakteren bevölkert. Der schwule Cousin von Raymonds Mutter, der des Grundstücks verwiesen wird, die mexikanischen Gartenarbeiter, die als Steilvorlage für die rassistischen Tiraden seines Vaters dienen und die Goth-Dame Becca, die Raymond als Einzige das Wasser reichen kann. Allerdings verfügt keiner der Charaktere über einen ernstzunehmenden Kern und es ist offensichtlich, dass sie ausschließlich dazu dienen, Raymonds Pointen zu ermöglichen. Besonders schlimm ist dies allerdings nicht, denn als Ausgleich dafür ist die Hauptfigur gut balanciert und taugt dank seiner komplizierten Vergangenheit auch für die eine oder andere ernsthafte Szene.
Seinen Horrorfans bleibt „Suburban Gothic“ trotz des komödiantischen Grundtons nichts schuldig. Mit einigen Bodyhorror-Einlagen, die bereits in „Excision“ überzeugt haben und an denen sogar David Cronenberg Spaß haben dürfte, rundet Bates seine Gruselkomödie ab.
Die Inszenierung der Spukgeschichte fällt absichtlich sehr simpel aus und gerät neben Raymonds Charakterentwicklung stellenweise in den Hintergrund. „Suburban Gothic“ verlässt sich ausschließlich auf sein witziges Drehbuch, seine charismatischen Darsteller und seinen lebhaften Stil. Man merkt außerdem, dass der Film als Hommage an den trashigen Horror der vergangenen Jahrzehnte gedacht ist. Auftritte von Genre-Favoriten wie John Waters und Jeffrey Combs tun hierzu ihr übrigens und dürften Fans ein breites Grinsen auf die Lippen zaubern.
„Suburban Gothic“ ist ein flottes und hochgradig unterhaltsames Stück. Zu verdanken ist dies dem quirligen, quietschbunten Stil und vor allem Matthew Gray Gubler, der hier eine erstklassige komödiantische Leistung abliefert und den Film eigenhändig trägt. Die Themen von verspäteter Rebellion, Findung und Akzeptanz der eigenen Persönlichkeit verleihen zudem ein unerwartetes Maß an Tiefgründigkeit und lassen die kleine, trashige Horrorstory tatsächlich zu einem ausgesprochen guten Film werden.
8/10
Suburban Gothic
Komödie, Horror
Regie: Richard Bates Jr.
Buch: Richard Bates Jr., Mark Bruner
Darsteller: Matthew Gray Gubler, Kat Dennings, Ray Wisen, Barbara Niven, John Waters, Jeffrey Combs
Kinostart DE: ??.??.???? (deutschlandweite Screenings im August/September auf dem Fantasy Filmfest)
Kinostart US: ??.??.????
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