Seit dem vergangenen Sonntag ist das diesjährige Fantasy Filmfest (zumindest in Berlin) vorbei und die düstere Realität macht sich erneut breit. In diesem Jahr umfasst das Programm 62 Filme, von denen ich mir sage und schreibe 28 zu Gemüte geführt habe. Welche Filme sollte man in dieser Auflage des Festivals auf keinen Fall verpassen? Welche sollte man auf jeden Fall verpassen? Und warum?
Das Schlechte
Um es direkt aus dem Weg zu schaffen, fange ich mit den eher unbeeindruckenden Filmen an. Da hätten wir zum Beispiel den grenzenlos sexistischen und überflüssigen Spionage-Thriller „The November Man“, der über eine kleine Handvoll spaßiger Action-Sequenzen hinaus leider eine absolute Zeitverschwendung ist.
Auch im Horror-Genre gibt es in diesem Jahr neben den Perlen auch einige Leerläufe, wie den schrecklich langweiligen „Out of the Dark“, den ich zwischenzeitlich bereits vergessen habe. Ein paar Schauwerte kann immerhin der neue Reißer vom französischen Duo Alexandre Bustillo und Julien Maury („Inside“, „Livid“) bieten. Doch leider wird „Among the Living“ von einem vollends belanglosen und amateurhaften Drehbuch in Grund und Boden gestampft.
Das Mäßige
Für etwas Spaß reichen der mäßig unterhaltsame Task-Thriller „13 Sins“ und der litauische Exot „Redirected“ allemal. Letzterer ist ein rasant inszenierter und skurriler Trip, der an frühe Sachen von Guy Ritchie erinnert, aber seinem Vorbild deutlich hinterherhinkt.
Fans von Alien-Spektakeln freuen sich über „Extraterrestrial“, der als Indie-Produktion zwar sehr hübsche CGI-Einlagen abfeuert, sich dazwischen aber in gähnende Leeren verrennt und sich außerdem viel zu ernst nimmt.
Das heikle Thema der Zombie-Teenie-Romanze geht „Life After Beth“ zwar auf eine clevere Art und Weise an und bietet dabei großartige Leistungen von Aubrey Plaza und Dane DeHaan, ist auf Grund seiner uninspirierten Inszenierung aber insgesamt ein gemischter Teller.
Das Gute
Als spaßige und knallbunte Hommage an klassischen Horror-Trash kommt Richard Bates Jr’s zweiter Film „Suburban Gothic“ daher. Matthew Gray Gublers Performance als rotziger Post-Teenager Raymond ist das Kernstück des Films und sorgt in fast jeder seiner Szenen für Lacher.
Außerdem zeigt das Fantasy Filmfest in diesem Jahr eine Reihe von Filmen, die mit ihrem Horror-Genre geschickt spielen und für reichlich frischen Wind im Genre sorgen. „Housebound“ ist ein potentieller Klassiker im Bereich der Splatter-Komödie und darüber hinaus sogar ein sehr ordentlicher Film mit starkem Drehbuch und kreativer Inszenierung. Der australische „The Babadook“ nimmt sich endlich dem Albtraum-Thema an und verknüpft es extrem intelligent mit einer Geschichte über einen psychologischen Zusammenbruch. Ebenso funktioniert „Honeymoon“ mit seinem frisch vermählten Ehepaar als interessante Variation auf den klassischen Cabin-in-the-Woods-Horror. „Oculus“ überzeugt durch eine starke und hochprofessionelle Inszenierung, die das müde Genre des Paranormalen auf eine neue Höhe treibt.
Das Großartige
Fans von dialog- und bildlastigen Science-Fiction-Filmen haben in diesem Jahr doppelten Grund zum Feiern. Mit „Under the Skin“ stürmt einer der bemerkenswertesten und intelligentesten Sci-Fi-Filme der letzten Jahre das Festival. Die etwas leichter verdauliche „Primer“-Variante „Coherence“ reiht sich mit ihrer gemächlichen Diskussion über eine quantenphysikalische Theorie dahinter ein. Der Eröffnungsfilm „The Rover“ zählt als raues postapokalyptisches Roadmovie mit großartigen Leistungen von Guy Pearce und Robert Pattinson natürlich ebenfalls dazu.
Schwere Kost für die Lachmuskeln gibt es bei der urkomischen Vampir-Mockumentary „What We Do in the Shadows“, die in diesem Jahr als Centerpiece des Festivals aufläuft und dem Vampir-Genre ein neues Glanzstück hinzufügt. Ein Meisterwerk im Genre-Spagat ist „The Voices“, der den schmalen Grat zwischen Komödie und Tragödie perfekt meistert und auf den zweiten Blick außerdem eine beunruhigende und perfekt getroffene Metapher für Geisteskrankheit ist.
Ein wunderbar gruseliger Old-School-Horrorfilm ist „It Follows“, der mir dank seiner simplen, aber ungeheuer effektiven Prämisse zum ersten Mal seit Jahren wirkliche Schauer über den Rücken gejagt hat.
Last but not least sei der isländische „Metalhead“ genannt, der wie kein anderer Film zuvor in den Hintergrund des titulären Metalheads einsteigt. Respektvoll, empathisch und vor allem authentisch erzählt er von Wut, Trauer, Bewältigung und der Befreiung, die der geneigte Zuhörer in den brutaleren Variationen der Musik finden kann.
Fazit
In bester Festival-Manier gibt es im diesjährigen Lineup des Fantasy Filmfestes sämtliche Farben und Formen des Genrefilms zu bestaunen und zu bedauern. Insgesamt bin ich zumindest mit meiner Auswahl des Programms sehr zufrieden, in den letzten beiden Kategorien verstecken sich einige wirklich großartige Filme zum Lachen, Weinen und Gruseln.
Mein Dank gilt dem Team von Rosebud Entertainment, die den Ruf des Fantasy Filmfests als eines der weltweit wichtigsten und vielfältigsten Festivals für den Genrefilm erneut zementiert haben.
Next Stop: Fantasy Filmfest Nights 2015!