Irgendwo im tiefsten Texas, 100 Meilen südlich der Menschenwürde kämpft der junge Chris (Emile Hirsch) ums nackte Überleben, denn er hat sich bei einigen reichlich krummen Typen hoch verschuldet und die Frist läuft langsam aber sicher ab. Da der kürzeste Weg zwischen zwei Punkten eine Gerade ist, beschließt Chris kurzerhand, seine Mutter diskret ermorden zu lassen und ihre Lebensversicherung zu kassieren. Eingeweiht sind neben seinem Vater (Thomas Haden Church) und dessen neuer Frau (Gina Gershon) auch seine jüngere Schwester Dotty (Juno Temple), die als Empfängerin der Lebensversicherung der Schlüssel für Chris‘ Plan ist.
Mit der Drecksarbeit wird Polizist Joe Cooper (Matthew McConaughey) beauftragt, der sich als Auftragskiller ein Bisschen was nebenbei verdient. Doch spätestens als Chris und sein Vater Probleme mit der Vorauszahlung des Geldes haben, gleitet der Plan sanft aus den exzellent geplanten Fugen.
Die DNA eines Theaterstücks, woraus das Drehbuch zu Killer Joe auch entstanden ist, merkt man dem Film deutlich an. Es ist eine bescheidene Geschichte über eine (hoffentlich nicht ganz) normale Familie in Texas und ihre Sorgen und Leiden. Leib und Seele sind die herrlich bizarren Charaktere und die sehr starken Leistungen der Schauspieler hinter ihnen. Emile Hirsch und Thomas Haden Church gehen in ihren Rollen als minderbemittelte Hinterwäldler zu 100% auf und haben definitiv Spaß an den kuriosen Zeilen des Autors Tracy Letts. Als Gegenstück zum brutalen Chaos von Vater und Bruder verkörpert Juno Temple als junge Schwester eine gewisse Unschuldigkeit, die durch und durch mit Wahnsinn getränkt ist und die Familie erstklassig ergänzt.
Abgerundet wird der Cast aber erst durch die mysteriöse und beunruhigende Präsenz von Matthew McConaughey, der dem Film als Titelcharakter eine große Menge Biss gibt. Sein Killer Joe ist einer der interessantesten und bizarrsten Charaktere die ich in der letzten Zeit gesehen habe und McConaughey beherrscht jede einzelne seiner Szenen, ob als eiskalter Geschäftsmann, gefühlvoller Casanova, rücksichtsloser Mörder oder gefährlicher Psychopath.
Killer Joe ist weniger ein Drama oder ein Thriller als ein bitterböses und zynisches, aber gleichzeitig unendlich lustiges und extrem unterhaltsames Stück. Der Cast ist ohne Ausnahme in großartiger Form. Den Gipfel bildet Matthew McConaughey, der mit diesem Film endlich die Erinnerung an die schwärzeren Kapitel seiner Karriere („How to Lose a Guy in 10 Days“, „Ghosts of Girlfriends Past“) verwischen konnte und für mich jetzt zu einem der besten und interessantesten Schauspieler Hollywoods zählt.
Ohne jegliche Pietät oder Rücksicht auf political correctness inszeniert William Friedkin Sex, Gewalt und eine ungewöhnlich große Menge an Schamhaaren. Kein Wunder dass der Film ursprünglich von der US-Sittenwacht das NC-17-Rating erhalten hat, was im Normalfall für unverkäuflichen Schund steht und in den amerikanischen Kinos den Kommerz-Tod bedeutet. Für alle Menschen denen auch im Sommer kalt ist und natürlich alle die auf frittierte Hühnerbeine stehen ist Killer Joe eine unbedingte und unverpassbare Empfehlung.
8/10
Aber wie?: Der Film ist in Deutschland mit FSK18-Siegel auf DVD erschienen.
Killer Joe
Thriller
Regie: William Friedkin
Buch: Tracy Letts
Darsteller: Matthew McConaughey, Emile Hirsch, Juno Temple, Thomas Haden Church, Gina Gershon
Kinostart DE: 02.11.2012 (DVD)
Kinostart US: 27.07.2012 (limited release)