Eigentlich sollte Aziza (Ceci Chuh) bei ihrem Vater in Portugal sein und ein Praktikum absolvieren. Doch aus unbekannten Gründen, die die Jugendliche nicht weiter erläutern möchte, steht sie eines Morgens in der Kreuzberger Wohnung ihrer Mutti Trixi (Viviane Bartsch) wieder auf der Matte. Ihr Zimmer und ihr Bett werden besetzt vom Neuseeländer Zach (Elliott McKee), der ohne konkreten Plan ein One-Way-Ticket nach Berlin gebucht hat und bei Azizas Mutter zur Untermiete wohnt. Ein kurzes Telefonat später zieht Zach aus und Aziza wieder ein, doch mit dem neuen Arrangement sind weder die rotzige Teenagerin noch ihre Mutter wirklich zufrieden.
Nach der Welle von Coming-of-Age Filmen der letzten Jahre („The Way Way Back“, „The Spectacular Now“) nimmt sich nun der deutsche Regisseur, Autor und Künstler Stephan Geene einer ähnlichen Thematik an und setzt diese mit einem ebenso authentischen wie düsteren Blick auf die momentane jugendliche Gegenkultur um. Inmitten einer schnellen Welt, in der beruflicher Erfolg für viele Heranwachsende das Nonplusultra geworden ist, untersucht Geene die Konsequenzen einer leistungsorientierten Gesellschaft und ihrer stillen Rebellen. Seine beiden jungen Protagonisten Zach und Aziza symbolisieren dabei zwei Seiten der selben Medaille. Beide streifen sinn- und ziellos durch die Weltstadt Berlin, wonach sie suchen, wissen sie selber nicht.
Doch während Zach mit einem Leben ohne Ambitionen, Geld oder Fixpunkte durchaus zufrieden ist, seine Passivität als eine Art Innovation sieht und sich gar als „gutartigen Tumor“ in der Welt bezeichnet, zerbricht Aziza förmlich daran. In jeder ihrer Szenen versteckt das Mädchen eine verkrüppelnde Frustration hinter ihren Augen, die sie und ihre Mutter gleichermaßen in die Verzweiflung treibt. Weder in ihrer Wohnung noch in ihrem Freundeskreis findet sie einen Bezugspunkt und während ihrer Streifzüge durch die Millionenstadt wirkt sie stets wie auf einer einsamen Insel. Einen Punkt setzt der Film schließlich mit einer überraschenden und ultimativ sehr cleveren Film-im-Film-Konstruktion, die ihn um eine weitere Ebene bereichert und das traditionelle Happy End, das seine amerikanischen Pendants zuweilen gehörig dämpft, verweigert.
Stephan Geene liefert mit „umsonst“ ein punktgenaues und hochinteressantes Porträt der modernen Jugend ab und zeigt, wie sich die postpubertäre Suche nach Zweck und Identität in der wachsenden Isolation des 21. Jahrhunderts anfühlt. All das erzielt er vor Allem durch sein präzises, effektives Drehbuch und eine erstklassige schauspielerische Leistung, die er seiner Hauptdarstellerin Ceci Shuh entlockt. „umsonst“ formuliert ein aufrichtiges, soziologisches Statement und verleiht der Generation seiner Protagonisten das, was sie wohl am Nötigsten hat. Eine Stimme.
8,5/10
umsonst
Drama
Regie: Stephan Geene
Buch: Stephan Geene
Darsteller: Ceci Schmitz-Chuh, Elliott McKee, Viviane Bartsch
Kinostart DE: 10.07.2014
Kinostart US: kein Kinorelease