Ich bin ein großer Fan von der ganzen Film-Noir-Atmosphäre von Max Payne und war deshalb ein wenig geschockt, als ich den Trailer gesehen habe: ein muskelbepackter, fetter, bärtiger und glatzköpfigen Max Payne hatte ich nun wirklich nicht im Sinn und deshalb kam mir das Paket etwas Portugiesisch vor, gerade weil das Geschehen in São Paolo spielt.
Doch wie so oft braucht man sich bei Rockstar Games keine Sorgen machen. Das amerikanische Entwickler-Studio hat mal wieder – bis auf ein paar kleine Abstriche – geliefert. Grafik und Gameplay sind ohne Zweifel erhaben, die Designs sind wunderbar detailliert und wir bekommen, wie in den ersten beiden Teilen, die gute Bullet Time.
Ein paar Sachen müssen jedoch schon bemängelt werden. Dass diese Schwachstellen so detailliert behandelt werden, hat damit zu tun, dass das auch wirklich die einzigen sind.
Punkt 1: Die Story
Nachdem Max Payne beim NYPD aufgehört hat und zum Vollzeit-Alkoholiker/Junkie geworden ist, wird er als Bodyguard für einen reichen und korrupten Geschäftsmann und seine zugekokste Familie in Brasilien rekrutiert. Das erscheint zunächst mal als merkwürdig, da wirklich jeder, den Max bislang geliebt hat und beschützen wollte, das Zeitliche segnen musste (gerade die Frauen, um Gottes willen!).
Punkt 2: Die Charaktere
Es fällt einem doch etwas schwer sich richtig mit den Charakteren zu identifizieren oder auf einer reellen Basis mit ihnen mitzufühlen. Die meisten wirken auf einen entweder oberflächlich, bitchy, dauerbetrunken, nuttig oder dumm (oder alles zusammen). Die wunderschöne und vollkommen verblödete Tochter des Auftragsgebers, Fabiana, und ihre Aktivisten-Schwester Giovanna sind ein derart Zickenpack, dass man Fangzähne an ihren Klitorides vermutet.
Punkt 3: Overstyling
Der dritte Kritikpunkt ist das brachiale Überstylen über die gesamte Spielzeit hinweg. Ständig wird man mit Effekten bombardiert… wenn man gerade Kopfschmerzen hat, sollte man sich erstmal von Max Payne 3 fernhalten. Lens Flares, Split Screens und Blur-Effekte vermischen sich mit einer Million Farben und Worteinblendungen zugleich: akute Gefahr für epileptische Anfälle besteht dauernd.
Punkt 4: Max Payne nörgelt
Der vierte und wahrscheinlich nervigste Schwachpunkt, ist das konstante Nörgeln von Max Payne. Er beschwert sich und quakt über alles und jeden. Sein Lebenssituation ist ihm ja so zuwider, er besäuft sich und dröhnt sich jederzeit mit Pillen zu – das ganze bekommt schon etwas tragikomisch bis an den Punkt, an dem es reicht und man nur noch denkt: „Boah, hör‘ verdammt noch mal auf dich zu beschweren und melancholisch über deine Scheißsituation zu sinnieren und schieß‘ dir die Birne weg!!!“. Er bewegt sich gleich von Anfang an zum höchsten Punkt der Melancholie und verlässt diesen nie wirklich, sodass er sich plötzlich dazu entschließt nicht mehr zu saufen und sich den Kopf zu rasieren. Das wäre zum Beispiel auch der richtige Zeitpunkt gewesen, um das Effektfeuerwerk etwas herunterzufahren, sodass seine langsam aufklarende und nüchtern werdende Wahrnehmung zu repräsentieren. Im Endeffekt gibt es nicht so eine Katharsis wie in Max Payne 2, was etwas schade ist.
Nichtsdestotrotz ist Max Payne 3 ein wirklich tolles Spiel und ich werde es auch weitere Male spielen. Die Voice Actors haben einen fabelhaften Job gemacht, überstrahlt von James McCaffrey, der zum ersten Mal dank Motion Capture neben der Stimme auch Gesicht und Körper von Max Payne war. Die vereinzelten Flashback-Szenen in New York bzw. New Jersey haben richtig reingehauen und die Bullet Time ist immer was Feines.
Trotz meiner kleinen Tirade zuvor, kann ich das Game für jedermann sehr empfehlen. Die Story ist trotz der Kritik noch ziemlich gut (nur nicht „Rockstar / Red Dead Redemption„-gut), das Gameplay, die Musik und die Grafik sind an sich sowieso großartig. Rockstar Games ist nach wie vor mein liebster Spiele-Entwickler, weil sie ihre Spiele immer mit einer großen Portion Style, Einzigartigkeit und Coolness versehen.
8/10
Ich lasse euch mit einem tollen Beispiel zurück, wie The Empire Strikes Back mit den Max Payne 3-Effekten ausgesehen hätte:
Max Payne 3
Third-Person-Shooter
Publisher: Rockstar Games
Spielmodus: Einzelspieler, Mehrspieler
Plattform: PC, Mac, PlayStation 3, Xbox 360
Release: 18.05.2012 (PS3 + Xbox 360), 01.06.2012 (PC), 20.06.2013 (Mac)