Spätestens nachdem Joss Whedon im Jahr 2012 den bis dato etablierten Kader von Marvels Superhelden in The Avengers unter einen Hut inszenierte und damit den aktuell dritterfolgreichsten Film aller Zeiten drehte, musste man sich bei Warner Gedanken über ein ähnliches Geschäftsmodell im Universum der DC Comics machen. Nach den eher durchwachsenen Inkarnationen von Superman (2006) und Green Lantern (2011) und der hoch gelobten und extrem profitablen Dark Knight-Trilogie wurde nun der Mann aus Stahl als nächster Kandidat für eine Generalüberholung ausgewählt. Am Steuer sitzt Zack Snyder, der durch Style-Granaten wie Sucker Punch, Watchmen und 300 den Ruf als primär visueller Filmemacher bekommen hat. Als Produzent und Co-Autor hat man Christopher Nolan gewonnen, der sich nicht zuletzt dank seiner Neuinterpretation des Batman-Mythos als eine der momentan sichersten Investitionen für Warner Bros. herausgestellt hat. In einer Zeit in der Comic-Verfilmungen und Superhelden nach wie vor zu den populärsten Leinwand-Phänomenen gehören könnten die Zeichen für einen historischen Sommer-Blockbuster also nicht besser stehen.
Auf alle Dilettanten die nicht bis zum Ohrläppchen in der Superman-Mythologie stecken (u.A. mich) nimmt der Film selbstverständlich Rücksicht. Wir werden Zeuge vom Niedergang des Planeten Krypton, dessen Bevölkerung sich gnadenlos an den Abgrund gewirtschaftet hat. Als Akt der Verzweiflung schicken Jor-El (Russell Crowe) und Lara Lor-Van (Ayelet Zurer) ihr neu geborenes Superbaby Kal-El zusammen mit einem wichtigen Artefakt ihrer Zivilisation in Richtung Erde. Dort angekommen wird Kal-El von einem Farmer (Kevin Costner) und seiner Frau (Diane Lane) adoptiert/gefunden, mit dem Händel Clark Kent versehen und nach feinster, amerikanischer Art groß gezogen.
Etliche Jahre später, mittlerweile erwachsen, kämpft Clark noch immer mit dem Rätsel seiner außerirdischen Herkunft, während er als guter Samariter und anonymer Superheld ein Leben abseits der menschlichen Zivilisation führt. Spätestens als Überbleibsel seiner zerstörten Rasse den Planeten Erde besuchen um das kryptonische Artefakt zurückzufordern muss Clark/Kal-El die Anonymität verlassen und sich für eine Seite in der drohenden Konfrontation entscheiden.
Man of Steel ist in vielerlei Hinsicht aus dem selben Holz geschnitzt wie Nolans Batman-Filme, auffälligster Hinweis darauf ist die beinahe monumentale Länge von knapp zweieinhalb Stunden die man hier verwendet, um eine relativ simple Geschichte zu erzählen. Die Identitätsfindung des Kal-El in der Gegenwart wird durch mehr oder weniger willkürliche Zwischenschnitte in verschiedene Phasen seiner Kindheit und Jugend pointiert, was den Film zwar kurzweilig macht, aber sich stellenweise gehetzt und inkohärent anfühlt. Nach etwa 90 Minuten Laufzeit legt Snyder die ohnehin etwas flach geratene Entwicklung von Plot und Charakteren schließlich beiseite und knallt seinem Publikum den Klimax des Films um die Ohren, der selbstverständlich den kompletten Rest des Films einnimmt. Sämtliche Ansätze die zu Beginn und während des Films aufgeworfen werden, darunter Vergleiche zwischen menschlicher und kryptonischer Zivilisation sowie die stets interessante Schicksals-Thematik werden spätestens hier von einem Schnittgewitter aus Kampfszenen komplett aus der Narrative gedrängt.
Dass Comic-Verfilmungen nicht die hellsten Sterne am Himmel der anspruchsvollen Filmkost sind, ist natürlich nichts Neues. Trotzdem habe ich The Avengers in meine Reihe der besten Filme 2012 eingeordnet, während Man of Steel weit von einem derartigen Prädikat entfernt ist. Der Grund dafür ist erschreckend simpel. The Avengers macht Spaß.
Wie schon in den jüngsten Batman-Filmen hat man der Geschichte um Superman hier den selben nüchternen und düsteren Ton gegeben, der den Film glaubwürdiger und „realistischer“ wirken lassen soll. Im Vergleich zur Dark Knight-Trilogie, bei der das Konzept durch halbwegs interessante Charaktere und durchweg großartige Gegenspieler noch aufgegangen ist, will der Funke hier allerdings nicht ganz überspringen. Anflüge von „Humor“ und Leichtigkeit schlagen Einem höchstens in unbeholfener Slapstick-Manier ins Gesicht, der Rest des Films suhlt sich gradezu in unnötiger und unangebrachter Schwermütigkeit.
Der hochkarätige Cast leidet unter dem dünnen und teilweise extrem dämlichen Drehbuch und hoffnungslos überqualifizierte Akteure wie Amy Adams und Michael Shannon können in ihren wenigen und knappen Szenen nur wenig tun, um eine emotionale Brücke zum Publikum zu schlagen. Zu allem Überfluss ist der Titelcharakter sowohl als Clark Kent als auch als Superman katastrophal langweilig und bekommt, ähnlich wie die übrigen Charaktere, keinen wirklichen Hauch von Tiefe spendiert.
Man of Steel ist ein moderner Blockbuster, der ausschließlich nach Zahlen gemalt wurde. Er besteht zum größten Teil aus Schauwerten und kann auch leider nur in diesem Bereich punkten. Vor allem die Anfangssequenz sowie das ausgedehnte Finale sind visuell aufregend und unterhaltsam gestaltet und einfach hübsch anzusehen. In sämtlichen anderen Kategorien kommt der Film jedoch nicht über Mittelmäßigkeit hinaus und reiht sich somit in die gefühlt endlose Reihe der hübschen aber belanglosen Spektakel ein, die man nach kurzer Zeit, spätestens bei Veröffentlichung des nächsten großen Vehikels, bereits vergessen hat.
5/10
Man of Steel
Action, Adventure
Regie: Zack Snyder
Buch: David S. Goyer, Christopher Nolan
Darsteller: Henry Cavill, Amy Adams, Michael Shannon, Diane Lane, Russel Crowe
Kinostart DE: 20.06.2013
Kinostart US: 14.06.2013