Mit dem ersten Teil von „Taken“ – in Deutschland unter dem Namen „96 Hours“ bekannt geworden – hat Liam Neeson so manchen überraschen können. Der Brite (genauer: Nordire) hat seinen Weltstatus eher durch unter anderem dramatischere Rollen erlangt. In diesem Actionfilm von 2008 kickte er aber als Protagonist Bryan Mills Ärsche und rettet damit seine Tochter davor, eine Sexsklavin zu werden. Pierre Morels („From Paris with Love“, „The Gunman“) „Taken“ hat sich vor allem durch seine kompakte Narrative und exzellent choreographierte Kampf- und Actionszenen ausgezeichnet. Da der Film auch an den Kinokassen ordentlich Ärsche gekickt hat und weit über 100 Millionen Dollar einspielen konnte, wurde aus einer Stand-Alone-Story eine Trilogie, die mit „96 Hours – Taken 3“ (ja, die Umbenennung von „Taken“ hat sich als etwas unsinnig erwiesen) sein Ende gefunden hat.
Zunächst möchte ich den Schlussakt dieser Filmreihe besprechen, bevor ich noch die Features der Blu-Ray rezensiere und mein abschließendes Urteil fälle.
Auf der Flucht
Nach den Events des zweiten Teils, in dem Bryan Mills (Liam Neeson) einen Racheakt an ihm, seiner Tochter Kim (Maggie Grace) und Ex-Frau Leonore (Famke Janssen) verhindern konnte, ist wieder ein Wenig Zeit vergangen. Wie schon im Vorgänger fängt „Taken 3“ mit der Vorstellung des Schurkens – Oleg Malakov (Sam Spruell). Statt seinen von Mills getöteten Sohn zu beerdigen, lässt dieser einen Buchhalter entführen und töten, da dieser ihm nicht das liefern kann, was er wollte. Kurz danach wird klar, dass Malakov irgendwie mit Stuart St. John (Dougray Scott), seines Zeichens Ehemann von Leonore im Bunde ist.
Seit dem ersten Teil hat sich Beziehung zwischen Mills und den beiden wichtigsten Damen in seinem Leben gehörig verbessert, was aber schon im zweiten Teil zu sehen war. Auch angeteasert wurden dort schon die Probleme der Eheleute St. John, die Leonore ihrem Ex-Mann beichtet. Da er sich immer noch um sie sorgt, gibt Mills ihr seinen Zweitschlüssel für sein Apartment und die Garantie, dass er immer für sie da sein wird. Es bahnt sich dabei auch eine Art dauerhafte Aussöhnung zwischen den beiden an.
Nachdem ihr Ehemann kurz danach Mills auftaucht, um ihm zu sagen, dass er sich von Leonore fern halten solle, findet er wenig später seine Ex-Frau ermordet in seinem Apartment auf. Mills wird für den Mord verantwortlich gemacht, entkommt der Verhaftung und muss untertauchen. Dabei ist ihm das LAPD unter der Leitung des neurotischen Chefermittlers Franck Dotzler (Forest Whitaker) auf den Fersen. Nun versucht er ein Gewirr aus Lügen, Geld und Verrat aufzulösen, seine Tochter vor Unheil zu beschützen und den Mord an Leonore zu rächen.
Alles endet (endlich) hier
Die erste Sache, die auffällt: Niemand wird entführt (engl. taken). Und da komme ich schon zum ersten Kritikpunkt. Irgendwie zeigt der letzte Teil der „Taken“-Trilogie, dass diese Filmreihe niemals so konzipiert wurde – zumindest nicht mit dem ersten Film. Wo „96 Hours – Taken“ noch als großartiger Actionstreifen gefeiert wurde und die Intensität der Story und der Performance von Liam Neeson die meisten tief beeindruckt hatten, fällt das Gesamtwerk leider unter die Kategorie „normales Actiongedöns“. Diese Problematik sieht man in Hollywood immer öfter und auch in den verschiedensten Genres, sei es Horror (siehe „Insidious“) oder Comedy (z. B. „Hangover). Wenn ein Einzelstück als Kassenerfolg in den Kinos erweist, wird die Story und das Universum unnötig ausgedehnt. Das Resultat ist dann meist ein Mittelfeldplatz. Und sowas ist manchmal schlimmer, als ein kompletter Griff ins Klo, weil sich niemand daran erinnert.
In der Einzelkritik macht „Taken 3“ nichtsdestotrotz auch ein paar Dinge richtig. Liam Neeson, mittlerweile erprobt als Badass, der alles und jeden im Nahkampf zerstört, bringt wie gewohnt eine Menge Charisma und Tiefe mit. Manch andere Franchise, die sich keinen verdienten Charakterdarsteller leisten kann oder will, zerbricht daran schon völlig. Ohnehin ist die Besetzung insgesamt gut gelungen. Etwas schade ist jedoch, dass man einem Forest Whitaker (Oscarpreisträger als bester Hauptdarsteller für „Der letzte König von Schottland“) nicht mehr zu tun geben konnte, als einen LAPD-Ermittler mit ein paar komischen Marotten zu spielen. Auch die stereotypischen Bösewichte – grimmige Russen/Osteuropäer, die eine Vollmeise haben und gerne Wodka trinken – sind nicht mehr unbedingt State of the Art. Gut gefallen haben mir aber auch die Leistungen von Maggie Grace und Dougray Scott, der windige Typen echt gut drauf hat.
Auf der Habenseite steht auch die fein choreographierten Action, die nur selten vollkommen übertrieben ist. Gerade die Kampfszenen haben es in sich. Erfreulich war zudem eine kleine „Folterszene“, die im ersten Teil der Trilogie noch eines der vielen Highlights war. Im Gegensatz dazu war diese Version jedoch ein Wenig familienfreundlicher. Den Gegenpol bilden die für meinen Geschmack oftmals zu hastig geschnittenen Szenen und die unruhige Kameraführung. Beides schadet den eigentlich guten Actionsequenzen. Dazu kommen ein relativ leicht vorauszuahnender Storytwist sowie das etwas antiklimatische Ende.
Im Endergebnis steht aber ein ordentlicher Actionfilm mit einem einigermaßen unterhaltsamen Plot, guten Kampfszenen und einem soliden Liam Neeson. Der längste Film der „Taken“-Trilogie (109 Minuten, Extended Cut: 115 Minuten) weist keine gravierenden Längen auf und kann den Anforderungen des Popcorn-Kinos genügen. Zwar hat die Filmreihe nach und nach an Grobheit verloren, dennoch reicht die Härte der Action im Schlussakt aus. Es ist jedoch auch gut, dass „Taken“ mit dem dritten Teil endet.
Übrigens kann man den englischen Begriff taken auch mit ‚genommen‘ übersetzen. Und weil Liam Neesons Charakter zu Anfang die Liebe seines Lebens genommen wird, ist der Filmtitel auch dieses Mal irgendwie angebracht.
6/10
Da „96 Hours – Taken 3“ seit dem 29. Mai 2015 auch für die deutschen Heimkinos erhältlich ist und mir der Verleiher Universum Film freundlicherweise ein Rezensionsexemplar hat zukommen lassen, möchte ich abschließend noch die Blu-Ray besprechen…
Das Bild:
Für Schnitt und Cinematographie des Filmes selbst kann die Blu-Ray nichts, also wird das mal ganz und gar nüchtern-technisch betrachtet. Um es schnell zusammenzufassen: An der Übertragung des Bildes gibt es nichts auszusetzen. Im anamorph-verzerrtem Bildformat (2,40:1) kommt „Taken 3“ vom Kino auf die heimischen Bildschirme. Dazu 1080p-Full-HD sowie 24 Vollbilder pro Sekunde und alle sind glücklich.
Der Ton:
Der Sound ist top und absolut angemessen für einen Actionfilm. Sowohl die deutsche Synchronspur als auch die englische OV-Tonspur ist im 5.1 DTS-HD Masteraudio mit auf der Blu-Ray. Da „Taken 3“, wie auch die beiden Vorgängerfilme, eine außerordentlich gute Übersetzung erfahren durfte, kann man dieses Mal sogar die Synchro mal hervorheben und mit Vorbehalt empfehlen. Besser ist in der Regel natürlich das Original, aber wollen wir heute mal nicht so sein. Dem Erlebnis schadet es in jedem Fall nur minimal, wenn man den Film auf Deutsch schaut.
An Untertiteln gibt es unterdessen zweierlei in deutscher Sprache, einen für Hörgeschädigte und die normale Variante. Englische oder anderssprachige Subs wurden nicht mitgeliefert, was aber eher nebensächlich ist.
Die Extras:
Und da sind wir schon beim Bewertungspunkt, nämlich den Extras. Hier bekommt man zunächst eine Trailershow sowie den deutschen und den Original-Kinotrailer zu sehen. Des Weiteren werden ein paar Featurettes, eine gut siebenminütige entfallene Szene und dazu eine Handvoll Interviews mit Castmitgliedern (Neeson, Whitaker, Grace, Janssen) und Regisseur Olivier Mégaton mitgeliefert. Außerdem findet man auch einen kurzen 3D-animierten Rundgang durch den Unterschlupf des Protagonisten mit allen verwendeten Gadgets sowie zwei lustige Clips unter den Bonus Features. Zu guter Letzt ist ein Wendecover mit inbegriffen, was mich besonders freut.
Das Fazit:
Unter dem Strich kann man Fans der „Taken“-Reihe und harmloser Action durchaus den Kauf der Blu-Ray nahelegen. Es ist nicht der beste Actionfilm, den die Welt je zu Gesicht bekommen hat, aber bei weitem auch nicht der schlechteste. Liam Neeson ist gewohnt gut in seiner Rolle als Bryan Mills und die Story relativ unterhaltsam. Die Blu-Ray ist ansonsten tadellos, im Bereich der Extras ist genug dabei, um nicht beleidigt vom Umfang zu sein. Der Daumen geht ungefähr auf Halbmast, für eingefleischte „Taken“-Jünger vielleicht noch ein bisschen weiter nach oben.
Taken 3 (2014)
96 Hours – Taken 3
Action, Thriller
Regie: Olivier Mégaton
Buch: Luc Besson, Robert Mark Kamen
Darsteller: Liam Neeson, Forest Whitaker, Maggie Grace, Famke Janssen, Dougray Scott, Sam Spruell
Kinostart DE: 08.01.2015
Kinostart US: 09.01.2015
Heimkinostart DE: 29.05.2015
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