Ein beunruhigender Trend hat die Traumfabrik in den letzten Jahren heimgesucht. Seine Form: Ein dramatischer Mangel an Videospiel-Verfilmungen. Damit Paul W.S. Andersons „Resident Evil“-Reihe die schamvolle und wenig populäre Flagge nicht mehr alleine oben halten muss, winkt jetzt Verstärkung. Man versucht erneut, einen emotionslosen, genetisch verstärkten Auftragskiller zu einem Leinwandhelden zu machen. Immerhin ist der letzte Versuch bereits 8 Jahre her. Tatsächlich gibt es sehr viele gute Sachen, die man über „Hitman: Agent 47“ sagen kann. Allen voran die löbliche Erkenntnis, dass auch Autoren mit dem Intellekt eines (sehr begriffsstutzigen) Kindes mit ihren Drehbüchern Geld verdienen können. Hurra!!
Timo ist sauer
Okay, in der Einleitung hat sich eine Lüge versteckt. Es gibt nicht besonders viele gute Sachen, die ich über „Hitman: Agent 47“ sagen kann. Und wo kann man besser beginnen, als beim Anfang? Schon in den ersten paar Minuten offenbaren sich alle klaffenden Fehler, die man während der Produktion begangen hat. Wie schwer kann es schließlich sein, den Hintergrund des papierdünnen Plots in einer Einleitung zusammenzufassen? Wenn man sich dieses Ergebnis ansieht, muss es schrecklich schwer gewesen sein, denn sobald die eigentliche Action losgeht, hat der geneigte Zuschauer keine Ahnung, worum es geht und warum die Dinge passieren, die passieren.

Erst im weiteren Verlauf des Films bekommt man mit, was vereinzelte ADHS-Patienten in den gehetzten ersten Momenten verstanden haben. Mehrere Parteien reißen sich um den Wissenschaftler Litvenko (Ciarán Hinds), der vor Jahren das Agent-Programm ins Leben gerufen hat. Für die Videospiel-Uninteressierten sei an dieser Stelle erwähnt, dass dieses Programm aus heiklen Gen-Experimenten bestand und menschliche Killermaschinen produziert hat, die fernab jeglichen Gewissens ihren Auftrag erfüllen. Natürlich ist auch Titel-Charakter Agent 47 (Rupert Friend) ein Produkt dieser moralisch einwandfreien Versuchsreihe.

Die Speerspitze der Jagd nach Litvenko bilden neben Agent 47 die hochtalentierte Katia (Hannah Ware) und der Mann mit dem aufregenden Namen, John Smith (Zachary Quinto). Etwas weiter hinten türmen sich die Berge von Leichen, die im Fahrwasser der Reise nach Berlin und Shanghai übrig bleiben. Die eigentliche Handlung des Films, so uninteressant und generisch sie auch sein mag, verblasst im Angesicht der uninspirierten Feuergefechte natürlich vollends.
Einer der sehr überschaubaren Lichtblicke ist der Auftritt von Rupert Friend, der in der Serie „Homeland“ eine großartige Leistung erbracht hat und hier mit einer ähnlich kühl-sarkastischen Art überzeugen kann.

Man mag sich gar nicht vorstellen, über welch schwerwiegende Druckmittel der „Drehbuch““Autor“ dieses Films verfügt. Anders kann man es sich nicht erklären, dass Skip Woods nach seiner Beteiligung am unheiligen Tod eines der größten Action-Franchises überhaupt („Die Hard 5“) erneut Arbeit bekommen hat. Die willkürliche Aneinanderreihung von Szenen ist in ihrer schieren Dummheit so verblüffend, dass sie selbst die extrem niedrigen Erwartungen an die Verfilmung einer halbberühmten Videospiel-Reihe mit Anlauf unterbietet.
Immerhin ist „Hitman: Agent 47“ nicht der Schlag ins Gesicht, den man nach der Fehlgeburt des fünften „Stirb Langsam“ erwarten konnte. Womöglich liegt es auch daran, dass dieser Film keine groteske Verzerrung eines der beliebtesten Action-Helden der Filmgeschichte ist. Außerdem hilft die Tatsache, dass man sich über „Hitman: Agent 47“, der sich VIEL zu ernst nimmt, gehörig lustig machen kann, vorausgesetzt der Blutalkohol-Gehalt liegt über 2 Promille und man hat kein oder nur sehr wenig Geld für die Sichtung des Films bezahlt.
3/10
Hitman: Agent 47 (2015)
Action, Thriller, Dummheit, Arbeitsbeschaffungsmaßnahme
Regie: Aleksander Bach
Buch: Skip Woods, Michael Finch (Drehbuch), Skip Woods („Story“)
Darsteller: Rupert Friend, Zachary Quinto, Ciarán Hinds, Hannah Ware, Thomas Kretschmann, Jürgen Prochnow
Kinostart DE: 27.08.2015
Kinostart US: 21.08.2015
Heimkinostart DE: –
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