Vor nicht all zu langer Zeit wurde eine wenig überraschende aber umso erschreckendere Statistik veröffentlicht, nach der das weibliche Geschlecht in Filmen seit Jahren auf die zweite Geige verbannt und rigoros diskriminiert wird. Untermauert wurde dieser beunruhigende Trend durch die Akzeptanz-Rede von Cate Blanchett bei den diesjährigen Oscars, in der die australische Schauspielerin vor den versammelten Mächten Hollywoods behauptete, dass Filme mit weiblichen Protagonisten ebenfalls Geld verdienen würden.
Ein kräftiges Argument gegen die Abwesenheit der Weiblichkeit auf der Leinwand lief in dieser Woche in den deutschen Kinos an. Der Film „Reaching for the Moon“ (zu deutsch „Die Poetin“) handelt von der amerikanischen Dichterin Elizabeth Bishop (Miranda Otto), die in einer Krise steckt und von New York nach Rio de Janeiro reist und dort nach einem frischen Wind sucht.
Den findet sie schließlich auch, primär in Form ihrer alten College-Freundin Mary (Tracy Middendorf) und der brasilianischen Architektin Lota (Glória Pires). Zwischen den drei Frauen entfaltet sich ein Liebesdreieck, das sich über mehrere Jahre und zahlreiche, tragische Wendungen hinzieht.
Vor dem Hintergrund der politischen Kulisse Brasiliens und der komplizierten Beziehung zwischen Elizabeth und Lota geht es dabei vordergründig um das Finden der eigenen Stimme und Identität der späteren Pulitzer-Gewinnerin, die sich mit zahlreichen Altlasten und dem schweren Kreuz des Alkoholismus herumschlagen muss.
Der Kern des Films ist die außerordentliche Leistung von Miranda Otto, die bislang vor allem in der gegensätzlichen Rolle der Eowyn in der „Herr der Ringe“-Trilogie bekannt wurde. Auch ihre Kolleginnen Glória Pires und Tracy Middendorf liefern respektable Leistungen ab und verleihen dem Film das nötige emotionale Gewicht.
„Die Poetin“ ist eine Geschichte, wie das Leben sie geschrieben hat, lebendig gemacht durch ein sensibles, pointiertes Drehbuch und die bemerkenswerte Regie des Brasilianers Bruno Barreto. Leicht ins Straucheln gerät die Charakterstudie nur durch kleinere Schwächen in der narrativen Struktur, die mit ihren zahlreichen Zeitsprüngen teilweise etwas zu leichtfüßig umgeht.
Nicht zuletzt stellt „Die Poetin“ eine ausgezeichnete Geschichts-Lektion dar, die einen Einblick in das Leben einer der vier großen amerikanischen Dichterinnen bietet. Sicherlich nicht der klassische Publikums-Magnet, aber ein durch und durch gelungener Film, der seiner umfangreichen Geschichte absolut gerecht wird.
7/10
Reaching for the Moon
Drama, Romanze
Regie: Bruno Barreto
Buch: Matthew Chapman, Julie Sayres, Carmen L. Oliveira (Buchvorlage), Carolina Kotscho
Darsteller: Glória Pires, Miranda Otto, Tracy Middendorf
Kinostart DE: 10.04.2014
Kinostart US: kein Kinorelease
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