Von einem Film, der die Straßenkatzen Istanbuls in ihrem Alltag begleitet, war schon vor einigen Jahren die Rede. Jetzt ist „Kedi – Von Katzen und Menschen“ endlich fertig und schnurrt dank dem Leipziger Verleih Weltkino durch deutsche Lichtspielhäuser. Als lebenslanger Katzenfan, der von den Vierbeinern quasi aufgezogen wurde, war die Vorfreude verständlicherweise groß. Gleichzeitig melden sich Bedenken, dass der Dokumentarfilm sich in seiner 80-minütigen Laufzeit darauf beschränkt, süße Katzenbilder zu zeigen. Etwas, von dem wir seit Geburtsstunde des Internets wohl genügend haben.
Das große Miauen
Eigentlich muss man sich wundern, dass ein Film wie „Kedi – Von Katzen und Menschen“ erst im Jahre 2017 in die Kinos kommt, könnte man doch meinen, dass der Bedarf an katzenbezogenem Material recht hoch ist. Andererseits ist es treffend, dass der Film hierzulande passend zum Weltkatzentag veröffentlicht wird. Der Film von Ceyda Torun erinnert uns mehrmals daran, welchen Stellenwert Katzen als Haus- und Wildtiere in unserer Welt haben. Doch das Begleiten und Ergründen der sieben tierischen Protagonisten nimmt in „Kedi“ thematisch nur einen von vielen Bereichen ein.
Ohne Zeit zu verlieren begibt „Kedi“ sich auf Augenhöhe mit den Tigern, sowohl ästhetisch als auch erzählerisch. Die Katzen erfüllen im Film wie im echten Leben auch vielerlei Zwecke, das Entlocken von verzückten Ooohs ist glücklicherweise nur einer davon. Besonders wirksam für den Film ist seine Kulisse. In Istanbul, einer Stadt die seit vielen Jahrhunderten ein Wendekreuz der Kontinente ist, leben Katzen nicht bloß als domestizierte Haustiere, sondern auch als halbwegs wilde Tiere, die mit „ihren“ Menschen in einem ganz besonderen Verhältnis stehen. Mehrmals zeigt der Film Symbiosen zwischen Tier und Mensch, die in diesem Ausmaß wohl einzigartig sein dürften und gleichermaßen rührend wie faszinierend sind.
Während „Kedi“ mit seinen Portraits der Katzen und ihren sehr verschiedenen Persönlichkeiten sämtliche Anforderungen an Niedlichkeit und Eye Candy erfüllt, sind es andere Aspekte, die den Film zu einem wirklich bezaubernden Stück Kino machen. Ergänzend zu den einzelnen Geschichten der Tiere werden die Menschen gezeigt, die sich in verschiedenen Kapazitäten um sie kümmern. Somit ist „Kedi“ eigentlich eine Auseinandersetzung mit Menschen und dem Effekt, den Katzen (oder Tiere allgemein) auf sie haben. Unterm Strich zeigt Ceyda Toruns Dokumentarfilm ein schmeichelhaftes Bild des Menschen frei von Gewalt und Niedertracht und stattdessen voller Empathie, Lebensfreude und Fürsorge. Die menschlichen Nebendarsteller des Films zeigen sich zweifellos von ihrer besten Seite, die vom Umgang mit den mysteriösen und eleganten Tieren zum Vorschein gebracht wird.
„Kedi – Von Katzen und Menschen“ ist mitnichten ein Film, der sich bloß an Katzenliebhaber richtet. Er ist ein Fest für alle Menschen, die ein großes Herz haben und für die simple, aber profunde Glückseligkeit, die eine Beziehung zwischen Mensch und Tier bringen kann, empfänglich sind. Frei nach der sehr treffenden Wahrheit, die von einem der menschlichen Nebendarsteller geäußert wird, „Wer Tiere nicht liebt, kann auch keine Menschen lieben.“.
Kedi (2016)
Kedi – Von Katzen und Menschen
Dokumentarfilm
Regie: Ceyda Torun
Darsteller: Die Straßentiger Istanbuls
Kinostart DE: 10.08.2017
Kinostart US: 10.02.2017
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